Risikoeinschätzung bei Adipositas - Ankerbeispiele „ADI-PLUS“

 

*Eine Aktualisierung der Ankerbeispiele ist zur Zeit in Arbeit

Adipositas im Kindesalter ist durch Folgeerkrankungen mit einem hohen Risiko für die weitere gesunde Entwicklung des betroffenen Kindes in allen ihren Facetten belastet (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7). Das komplexe Zusammenwirken körperlicher, genetischer und psychischer Faktoren als Ursache der Adipositas macht eine sorgfältige medizinisch/sozialpädiatrische Beurteilung jedes einzelnen Falles erforderlich.
Unbestreitbar spielt bei der Entwicklung der Adipositas sowie bei der Prävention von Folgeerkrankungen der Lebensstil des betroffenen Kindes oder Jugendlichen und seiner Familie eine wichtige Rolle. 
Im Rahmen der Adipositas Ambulanz der Charité – Universitätsmedizin Berlin zeigte sich die Notwendigkeit, ein Instrument zur Verfügung zu stellen, das Fachkräften dabei helfen kann, sich ein konkretes Bild von der Situation des Kindes zu machen.
Zur Einschätzung des Risikos für die Gefährdung der gesunden körperlichen, seelischen sowie sozialen Entwicklung bei Adipositas wurden Ankerbeispiele entwickelt, die störungsspezifische Risiken und Gefährdungsmomente im Kontext der Adipositas darstellen. Aus diesem Instrument lässt sich jedoch auf Grund der multifaktoriellen Genese und der individuellen körperlichen und psychischen Reaktion des betroffenen Kindes oder Jugendlichen keine eindeutige Prognose ableiten. In Zweifelsfällen sollte daher das Gespräch zwischen allen Fachkräften, die zum Wohle des Kindes arbeiten, gesucht werden.
Formal orientieren sich diese Ankerbeispiele am bekannten „Kinderschutzbogen zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohles“ (8). Diese Ankerbeispiele „ADI­-PLUS“ geben zusätzliche Hinweise zur Bewertung des Gefährdungspotentials für die Entwicklung eines betroffenen Kindes oder Jugendlichen.
Die Ankerbeispiele „ADI-PLUS“ sind auf Initiative von Dr. PH Petra Rücker entwickelt worden. Daran waren alle Berufsgruppen des Adipositas-Teams im SPZ der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Babeluga e. V., sowie weitere Expertinnen beteiligt:

Sozialpädagogik:
Die Sozialpädagogin und Gesundheitswissenschaftlerin Dr. PH Petra Rücker hat den Prozess initiiert, die Ankerbeispiele „ADI-PLUS“ mit formuliert, einen Fachtag zum Thema organisiert und die Publikation federführend erarbeitet.

Medizin:
Die Kinderärztinnen PD Dr. Susanna Wiegand, Dr. Almut Dannemann, Dr. Birgit Jödicke und Annika Bickenbach haben die Möglichkeiten körperlicher und psychosozialer Beeinträchtigung durch Adipositas beschrieben und in die Ankerbeispiele „ADI-PLUS“ eingebracht.

Ernährung:
Die Diplom-Oecotrophologinnen Dr. Anne-Madeleine Bau, Juliane Irmler, Tanja-Maria Radzuweit und Christiane Röhling haben die Ankerbeispiele „ADI-PLUS“ zum Thema Ernährungsverhalten differenziert und präzisiert.

Psychologie:
Die Kinder- und Jugendtherapeutinnen Martina Ernst und Loretta Ihme (in ihrer damaligen Funktion als Kinderschutzkoordinatorin der Charité – Universitätsmedizin Berlin) haben insbesondere die psychologischen Auswirkungen der Adipositas bei Kindern und Jugendlichen erarbeitet und in die Ankerbeispiele „ADI-PLUS“ eingebracht.

Kinderkrankenpflege:
Die Kinderkrankenschwestern Conny Behrendt-Roh, Antje Dohrmann und Anne Slupinski haben Aspekte der Kinderkrankenpflege ergänzt.

Externe Expertinnen:
Dr. Renate Schüssler von Babeluga e.V. brachte ihre Expertise in allen Bereichen der Ankerbeispiele „ADI-PLUS“ ein.

Literatur:
1   l'Allemand-Jander D: Clinical diagnosis of metabolic and cardiovascular risks in overweight children: early development of chronic diseases in the obese child. Int J Obes (Lond). 2010 Dec; 34 Suppl 2:S32-6. DOI: 10.1038/ijo.2010.237.


2   Brauchmann J, Weihrauch-Blüher S, Ehehalt S, Wiegand S (2018): Aktuelle Literaturübersicht zur Therapie der Adipositas bei Kindern und Jugendlichen.  Klin Padiatr 2018; 230(01): 13-23; DOI: 10.1055/s-0043-121989


3   Daniels SR (2009): Complications of obesity in children and adolescents. Int J Obes (Lond). 2009 Apr; 33 Suppl 1:S60-5. DOI: 10.1038/ijo.2009.20.


4   Dyer A S, Blomeyer D, Laucht M, Schmidt M H (2007): Psychische Folgen des Übergewichts im Grundschulalter. Kindheit und Entwicklung 16 (3), 190–197.Hogrefe Verlag, Göttingen 2007


5   Graf C, Jouck S, Koch B et al (2007): Motorische Defizite – wie schwer wiegen sie? Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter. Monatsschr Kinderheilkd 155:631-637


6   Ottova V, Erhart M, Rajmil L, Dettenborn-Betz L, Ravens-Sieberer U. (2011): Overweight and its impact on the health-related quality of life in children and adolescents: results from the European KIDSCREEN survey. Qual. Life Res. 2012 Feb; 21(1):59-69. DOI: 10.1007/s11136-011-9922-7. Epub 2011 May 10.


7   Wabitsch M, Kunze D (federführend für die AGA) (2015): Konsensbasierte (S2) Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Prävention von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter. Version 15.10.2015; http://www.a-g-a.de


8   Jugendamt Stuttgart, AG Berliner Kinderschutzbogen (2005): Orientierungskatalog mit Ankerbeispielen für den Kinderschutzbogen. http://sfbb.berlin-brandenburg.de